«Ein echter Klub ist eine Mischung von Institut und Gesellschaft. Er hat einen Zweck, wie das Institut; aber keinen bestimmten, sondern einen unbestimmten, freien: Humanität überhaupt. Aller Zweck ist ernsthaft; die Gesellschaft ist durchaus fröhlich.» —Novalis
«Mangelware: Ware, die überaus geschätzt und gefragt ist, aber nur schwer oder überhaupt nicht zu erhalten ist» —Oxford Languages
Wer schreibt, der bleibt.
Und wer verlegt? Geht?
Der Gedanke reifte schon länger. Als der Autor Robert Stripling im Frühjahr 2021 in das nahezu legendäre, wenn nicht sagenumwobene Waschhaus auf dem Gelände des Herrenhauses Edenkoben zog, waren die Kapaziäten noch nicht frei. Doch klar war auch: So muss es weitergehen. Die Zeiten ändern sich. Und Dichtung braucht Produktionswege.
Jahr für Jahr in direktem Kontakt mit Stipendiat*innen aus allen Richtungen, die ihre Monate in der Südpfalz verbrachten, nahmen die Gespräche und Ideen zu. Und die Zeit, sich mit Design und Schriftgestalt auseinanderzusetzen.
Braucht es einen Verlag? Und die Kräfte versammelten sich.
Dringender denn je, aber das war schon immer so. Verlag – was kann man davon verlangen? Menschenwürdig Mensch zu sein, menschenwürdig Dichter*in?
Auf welchen Grundsätzen beruht der Gedanke eines Verlags? Ist das noch zeitgemäß?
Sehenswerte Bücher mit guten, ambitionierten Texten; und damit Geld verdienen? Vergiss es gleich. Der Literaturbetrieb, unterhalb der Ladentheke, dort wo der heiße Stoff brodelt, hat noch nie das zurückgezahlt, was man in die Schönheit der Sprachkünste investiert.
Der Gedanke, der reifte, war eher der eines Klubs, einer Produktionsstätte – ein Rückzugsort des Drucks, mit mäßiger Gewinnerzielungsabsicht. Vielleicht eine Schmiede, durchaus mit der vermessenen Absicht, die Welt von der Unschönheit allgemeiner Sprachverrohung zu befreien. Sanftmut und Präzision. Und neue Kulturen des Denkens.
Liest man die Informationen vom Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zur Gründung eines Verlags, kommt es einem so vor, als sei Vorstellung davon, was ein Verlag sei – von Akquirierung von Autor*innen über Vertrieb und Feuilleton – eine aus den Tiefen des 19. Jahrhunderts stammende, als Siebmaschinen und Zelluloseverfahren Papier eklatant billiger machten und Gedrucktes zum Massengut wurde. Unternehmungsberatung? Vertrieb? «Übernehmungsberatung» eher – übernehmen wir uns nicht. Und doch: Übernehmen, was in unseren Händen liegt. Mal wieder anfangen, an anderem Punkt.
Die Begegnung im Frühjahr 2024 mit Clara Cosima Wolff, Dichterin und Doktorandin im Forschungsprojekt Poetry in the Digital Age der Universität Hamburg, befeuerte die Sicherheit, dass man schon zu zweit ein Klub sein kann. Gemeinsame Konferenzreisen nach London, Paris, Mailand, Rauischholzhausen, Scharfe Ecke Itzum, Steinhude und zu Ullas Törtchenkonditorei vorm Spinoza-Haus im niederländischen Rijnsburg sowie das Aufsetzen der fetzigen Zitronenpasta bestärkten das Verständnis von der grundlegenden, metaphysischen Entschiedenheit: Züge dürfen verspätet sein, aber nicht Bücher. Sie brauchen die rechte Zeit, eine Heimat für ihren Gegenwind.
Literatur ist tot, das war schon vor 30 Jahren so. Und davor. Die Realität für anspruchsvolle Texte, Lyrik, Weltbilder, fetzigen Dreck, wildes Denken oder erquicklichen Shit ist eine nischige – es geht nicht ums Geldverdienen, sondern schier darum, dass Möglichkeiten existieren, sie seien in der Welt.
Das Buch ist längst Luxusgut. Es aber erst recht schön zu machen.
letzter verlag hält Stand. Und Stellung. Vielleicht auch mal auf Messen. Was sich zu erweisen hat, aber erstmal gibt es ihn: Für Manuskripte, deren Entstehungsprozess zu unterstützen sei oder dass sie unbedingt gedruckt seien; wo anderen die Puste ausgeht oder der Verstand versagt, abseits der Drecksmühle des Literaturbetriebs, die als malmendes Zahnrad halbjährig die illustresten Neuerscheinungen zwischen den Buchmessen Frankfurt-Leipzig-Frankfurt-Leipzig-Frankfurt wegknirscht.
Lasst es uns mal angehen. Es muss ja auch erstmal losgehen, damit man versteht, was es sein kann. Mit der sanften Zärtlichkeit und der sympathischen Ausdauer einer eklektischen Schildkröte: Möge die Zukunft kommen. Und sie wird, Schritt für Schritt.
Ein Programm gibt es erstmal nicht – das ist Programm. Warum sollten wir etwas ankündigen, was wir dann nicht halten können? Wir sind langsam, aber unberechenbar. Es darf organisch wachsen, Stück für Stück. Der Webdesigner kriegt vier Bier pro Jahr. Es wird sich entwickeln, immer weiter. Mit einigermaßen viel Freiheit und Spontaneität.